Ein modernes Verkehrssystem braucht Toleranz statt Klassenkampf

In der Stadt Zürich leben rund 400’000 Menschen. Täglich kommen Tausende hinzu. Alle wollen sich fortbewegen. Dazu braucht es ein effizientes Verkehrssystem.

Das Zürcher Verkehrssystem ist komplex: Die Trams verkehren im Siebenminuten-Takt, nicht immer auf eigenen Trasses. Fast alle Linien führen über den Hauptbahnhof. Dort zwängen sich zudem Autos, Velofahrer und Fussgänger über die Bahnhofbrücke bis zum Central. Ähnlich komplex ist die Situation beim Bellevue: Neben dem ÖV und dem Durchgangsverkehr von der einen Seeseite auf die andere, drängen dort vor allem Velofahrer und Fussgänger an die tolle Seepromenade. Das Mobilitätsbedürfnis ist gross. Um dem möglichst gerecht zu werden, braucht es intelligente und zukunftsorientierte Lösungen. Die verschiedenen Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen, führt hingegen eindeutig in ein Sackgasse.

 

In der Nacht fliesst der Verkehr in Zürich noch flüssig

Auch wenn in der Vergangenheit gute Verkehrsprojekte vom Parlament beerdigt wurden, Möglichkeiten zur Verbesserung gibt es noch viele. In den nächsten Jahren wird die Bevölkerung weiter wachsen und damit das Bedürfnis an Mobilität weiter steigen. Diese Zunahme muss hauptsächlich mit dem öffentlichen Verkehr abgefangen werden. Damit dies gelingt, braucht es neue Tramlinien. Das Tram muss zu einer schnelleren Stadtbahn weiterentwickelt werden. Eine Stadtbahn braucht überall ein eigenes Trasse – vorzugsweise auf eine Strassenseite statt in der Mitte. So entstehen weniger Kreuzungskonflikte mit Autos, Velos und Fussgängern.

Velofahrer und Fussgänger benötigen ebenfalls Platz. Die Strassen in Zürich sind jedoch nicht unendlich breit, daher sind Kompromisse nötig. Velospuren dürfen nicht anstelle von Fahrspuren treten, noch sollen sie Trams oder Busse behindern. Eine Studie der VBZ zeigt, dass Velos, Fussgänger und Tempo-30-Zonen den ÖV immer mehr behindern. Dies muss sich dringend ändern! Ein Ausweg aus dem Dilemma könnte sein, dass sich in Zukunft Fussgänger und Velofahrer auf einem breiten Trottoir den Platz teilen. Im nahen Ausland funktioniert das bestens – mit wesentlich mehr gegenseitigem Respekt und Rücksichtnahme als bei uns.

Aber auch der Autoverkehr braucht seinen Platz: Auf den Hauptverkehrsachsen soll der Verkehr flüssig rollen und sich nicht stauen. Denn dies führt zu Schleichverkehr in den Wohnquartieren – dies gilt es zu verhindern. Zu glauben, der Verkehr nehme ab, indem man ihn behindere, ist ein Trugschluss. Der geplante Kapazitätsabbau auf der Bahnhofbrücke ist daher der falsche Weg. Wir modernen Stadtmenschen wählen unser Verkehrsmittel nach unseren Bedürfnissen: die eigenen Füsse oder das Velo zum Einkaufen, Tram oder Bus für den Arbeitsweg, das Auto für Transporte. Gestaute Autos bewirken vor allem zwei Dinge: sie verschmutzen die Umwelt und sie verteuern die Arbeit. Das bringt uns nicht weiter. Deshalb sind Projekte wie das Rosengartentram und der Rosengartentunnel wichtig und richtig. Nur müssen sie schneller umgesetzt werden. Und auch am Bellevue gehört der Durchgangsverkehr weg – unterirdisch wäre eine gute Lösung. Denn so könnte die Seepromenade für Fussgänger und Velofahrer verbreitert und aufgewertet werden. Und die Trams könnten flüssiger über die Quaibrücke fahren.

Die nächsten Jahre werden uns verkehrstechnisch fordern. Damit unsere Stadt auch in Zukunft uns allen eine hohe Lebensqualität bieten kann und für Innovation und lokales Gewerbe attraktiv bleibt, ist es höchste Zeit nach vorne zu schauen. Es braucht von ideologischen Grabenkämpfen und stattdessen mehr Miteinander statt Gegeneinander!

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