Seit der Corona-Krise regiert der Bundesrat auf Basis des Epidemiengesetzes. Eine daraus abgeleitete Verordnung gibt ihm umfangreiche Rechte.
Trifft eine Krise ein Land, so müssen die etablierten demokratischen Institutionen funktionieren. Die Schweiz hat für den Fall einer Epidemie ein extra dafür geschaffenes Epidemiengesetz – was durchaus sinnvoll ist. Denn trifft eine Epidemie ein, gilt es schnell und richtig zu handeln. Dies hat der Bundesrat getan und auf der Basis des Epidemiengesetzes eine Verordnung erlassen, die ihm weitreichende Kompetenzen gibt. Soweit so gut. Nur: Basiert diese Verordnung wirklich auf dem Epidemiengesetz und erteilt Sie dem Bundesrat auch wirklich nur die Kompetenzen, die im Gesetz vorgesehen sind? Und hat das Parlament mit dem Epidemiengesetz wirklich ein Gesetz geschaffen, dass die Bundesverfassung in allen Belangen respektiert?
Die Verfassung darf nicht durch Notrecht ausgehebelt werden
Denn wenn für mich als Bürger dieses Landes eines klar ist: Die Verfassung ist das «Dach» des modernen Schweizer Bundesstaates von 1848. Dort sind die Kompetenzen von Parlament und Bundesrat klar geregelt. Und nur das Volk kann die Verfassung ändern – mit Volksinitiativen. Die in einer Volksinitiative verlangten Änderungen treten in Kraft, wenn Volk und Stände dieser zustimmen. Auf Basis der Verfassungsartikel erlässt das Parlament Gesetze. Diese treten in Kraft, wenn nicht das Volk innerhalb der nötigen Frist ein Referendum ergreift und es zu einer Abstimmung kommt. Zum Epidemiengesetz wurde das Referendum ergriffen. Das Volk hat daraufhin am 28. September 2012 dem neuen Epidemiengesetz mit einem Ja-Stimmenanteil von 60 Prozent zugestimmt. Die Verordnung, die der Bundesrat nun darauf basierend in Kraft gesetzt hat, ist sehr umfangreich und für jemanden wie mich kaum auf Richtigkeit überprüfbar. Was ich jedoch sehe ist, dass seit Beginn der Krise jeden Tag zwischen fünf und zehn Medienmitteilungen von den Departementen veröffentlicht werden – mit allerlei Anpassungen von geltendem Recht und Ernennungen von Personen in wichtige Ämter.
Christof Forster (For.), Kommentar in der NZZ vom 30.4.2020
Läuft wirklich alles richtig? Und was ist nach der Krise?
Als besorgter Bürger dieses Landes stelle ich mir die folgenden Fragen:
Wieso ist die Covid-19-Verordnung nur von der Bundespräsidentin und vom Bundeskanzler signiert und nicht vom gesamten Bundesrat? – Wenn so einschneidende Massnahmen beschlossen werden, hätte ich zumindest am Anfang der Krise eine Erklärung des Gesamtbundesrates erwartet.
Weshalb kann der Bundesrat ein Hilfspaket von 50 Mia. Franken beschliessen, wenn seine Kompetenz bei max 50 Mio. Franken liegt und für höhere Beträge das Parlament zuständig ist? – Ich bin klar der Meinung, dass es für diese Ausgaben einen Entscheid des Parlaments im Voraus und nicht im Nachhinein braucht, wenn das Geld schon ausgegeben ist. Denn so wurde nun auch die Schuldenbremse ganz einfach umgangen.
Ist das Geld wirklich richtig investiert? Was passiert, wenn die Arbeitslosigkeit infolge der Krise massiv ansteigt und unsere Sozialwerke schon sehr bald finanziell am Anschlag sind? – Für ein solch umfangreiches Hilfspaket hätte ich mir einen breiter abgestützten Entscheid des Parlaments gewünscht. So, wie es die Verfassung vorsieht.
Wäre es solange man die Auswirkungen des Virus nicht genau kennt und nicht weiss, ob und wer allenfalls ein Medikament oder eine Impfung brauchen wird, um nicht zu sterben nicht sinnvoll eine Task Force ins Leben zu rufen unter deren Steuerung alle «Pharma-Kräfte» hier in der Schweiz mit Hochdruck an der Entwicklung eines Medikaments arbeiten? Nötigenfalls unterstützt durch Bundesgelder? – Der Bundesrat will nun die Massnahmen schrittweise lockern. Ob dies allerdings funktioniert und es nicht erneut zu vielen Neuansteckungen kommen wird, ist unklar. Ebenfalls ist unsicher, wie viele wirklich infiziert sind und ob bei diesen Menschen der Virus ausbrechen wird und welchen Verlauf er nehmen wird. Es könnte daher gut sein, dass das Land, das zuerst ein Medikament hat, am einfachsten und schnellsten aus der Krise rauskommt. Zudem würde es der Schweiz als neutrales Land gut anstehen, ein solches Medikament an alle Länder zu liefern oder diesen eine Lizenzproduktion zu erlauben. Ob dies auch so einfach machbar sein wird, wenn die USA, China oder Russland die ersten mit einem Medikament oder Impfstoff sind, wage ich zu bezweifeln.
FAZIT
Gerade in einer Krise müssen Entscheide breit abgestützt sein – die Verfassung gilt es in jedem Fall zu respektieren. Die massiven Einschränkungen haben ein gewisse Berechtigung, sie führen aber unweigerlich zu einem Desaster für Wirtschaft, Arbeitsplätze und wohl bald auch unserer Sozialsysteme. Mir fehlen die «Was-wäre-wenn-Szenarien» und der Fokus auf die Entwicklung eines Medikaments. Denn wir hätten in der Schweiz die besten Voraussetzungen, um schnell und mit Innovation der Welt eine Nasenlänge voraus zu sein – wie so oft in der Vergangenheit.
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